Politische Perspektiven:
III.12. Globale Gerechtigkeit schaffen - die Zukunft der Weltgesellschaft

(1) Ebenso wie innerhalb Europas wollen wir uns auf globaler Ebene für die Verwirklichung unserer Grundwerte einsetzen. Auch unser eigenes Schicksal hängt mit davon ab, ob es gelingt, eine friedliche Welt der Demokratie und Humanität, des Wohlstandes und des umweltschonenden Wirtschaftens zu verwirklichen oder uns diesem Ziel anzunähern.

(2) Neue Strukturen der Weltgesellschaft, die weder von militärischer Gewalt noch von wirtschaftlicher Übermacht bestimmt sind und in denen gleiches Recht und gleiche Verantwortung für große und kleine Nationen gelten, sind dafür eine unabdingbare Voraussetzung. Zentraler Platz für globales politisches Handeln sollen die Vereinten Nationen sein, die - um ihrem Namen gerecht zu werden - auch mit den Mitteln und Instrumenten auszustatten sind, um ihre Friedensmission und andere Aufgaben, die ihnen von der internationalen Gemeinschaft übertragen werden, erfüllen zu können.

(3) Eine ebenso bedeutende Rolle muß jenen regionalen Organisationen zukommen, die - wie für den europäischen Raum die OSZE - für regionale Friedenssicherung legitimiert sind. Völkerrecht muß vor nationalem Recht gelten und vor allem über nationalen Interessen stehen. Auch und gerade große Staaten müssen Völkerrecht beachten. Im internationalen System von morgen müssen neben Regierungen, Parlamenten und anderen bestehenden Institutionen auch neue Akteure der internationalen Politik, internationale Bürgerbewegungen und regierungsunabhängige Organisationen den ihnen gebührenden Platz finden. Besonders für die internationale Sozialdemokratie müssen sie privilegierte Bündnispartner von morgen werden.

(4) Globale Sicherung des Friedens ebenso wie die Eindämmung lokaler Konflikte setzt voraus, daß der Primat der Politik vor der Logik militärischer Gewalt kommt. Abrüstung und Rüstungskontrolle unter der Ägide der Vereinten Nationen muß als Ziel eine von Massenvernichtungswaffen freie Welt haben. Scharfen internationalen Kontrollen muß aber auch der Handel mit Waffen vor allem in Konfliktzonen unterworfen werden. Waffen, die gegen humanitäres Recht verstoßen wie z.B. Landminen sind zu ächten.

(5) Wahrung und Verbreitung der Menschenrechte und Grundfreiheiten gehören zu den wichtigsten Grundlagen eines stabilen politischen Weltsystems. Menschenrechte und Grundfreiheiten sind universal und unteilbar und gelten in gleicher Weise für alle Kulturen und alle Stufen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung.

(6) Im Zeitalter der Globalisierung müssen Weltwirtschaft und Weltwährungssystem von überschaubaren und transparenten Regeln gelenkt werden. So wie die nationalen Märkte bedürfen auch die Weltmärkte einer nach demokratischen Spielregeln entstandenen Marktordnung, die Schutz vor Mißbrauch wirtschaftlicher Macht bietet, die Spekulation auf den internationalen Finanzmärkten eindämmt und die Krisenanfälligkeit des Weltwirtschaftssystems mindert. Das Weltwährungssystem von morgen darf nicht nur von den Launen der Märkte abhängen, sondern muß die Gestaltungsmöglichkeiten von Regierungen, Zentralbanken und Weltwährungsinstitutionen erhalten.

(7) Ein erneuertes Weltwirtschaftssystem muß auch den heute noch armen Nationen gleiche Chancen bieten und ihre Integration in den Welthandel und die Weltwirtschaft insgesamt fördern. Voraussetzung dafür sind für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten allerdings weltweite soziale und ökologische Mindeststandards, insbesondere Vereinigungsrecht, Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen, Verbot der Kinderarbeit und der Gefangenen- und Sklavenarbeit. Eine weitere Voraussetzung auf diesem Weg bleibt eine zwischen allen Gebern abgestimmte Entwicklungspolitik, auch als ein Gebot internationaler Solidarität. Partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit darf nicht an den Menschen vorbeigehen und muß auch der Schaffung moderner und demokratischer gesellschaftlicher und staatlicher Strukturen im Geiste der Verantwortung und Transparenz dienen.