Politische Perspektiven:
III.7. Soziale Demokratie leben - für Mitbestimmung und integrative Politik

(1) Nur die Weiterentwicklung der politischen zur wirtschaftlichen, und damit zur sozialen Demokratie schafft die Voraussetzung für die Verwirklichung unserer Grundwerte. In der sozialen Demokratie durchdringen demokratische Prinzipien alle Bereiche der Gesellschaft. Insofern ist der Prozeß der Demokratisierung eine permanente Aufgabe, die niemals an einem Endpunkt angelangt sein wird.

(2) Demokratie ist die einzig menschliche und humane Form der Organisierung des Zusammenlebens der Menschen, aber sie ist empfindlich und verletzbar. Sie muß daher gewollt, verteidigt und weiterentwickelt werden.

(3) Zum Herzstück der Demokratie gehört ein funktionierender Parlamentarismus auf den verschiedenen Ebenen unseres Staates. Diese repräsentative parlamentarische Demokratie - also die durch allgemeine, gleiche, freie und geheime Wahlen legitimierte, zeitlich begrenzte Berechtigung, Entscheidungen in der Gemeinschaft zu treffen - wird ergänzt durch die demokratische Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und durch Bürgerbeteiligung. Darüber hinaus spielen außerparlamentarische Organisationen und Initiativen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger zur Vertretung gemeinsamer Interessen zusammenschließen, eine wachsende Rolle und sollen entsprechende Beachtung im Prozeß der politischen Willensbildung finden.

(4) Demokratie braucht Öffentlichkeit. Demokratische Entscheidungsprozesse und die demokratische Kontrolle staatlicher und politischer Macht beruhen aus unserer Sicht darauf, daß Bürgerinnen und Bürger Zugang zu allen wesentlichen Informationen haben, unterschiedliche Interessen erkennen, artikulieren und bewerten sowie Mitwirkungsrechte wahrnehmen können.

(5) Wir setzen uns für eine Erweiterung demokratischer Rechte ein, durch die mehr Bürger und Bürgerinnen bei sie unmittelbar betreffenden Fragen kontrollieren, mitwirken bzw. mitentscheiden können. Uns geht es bei diesen neuen Modellen der Bürgerentscheidung um eine Ergänzung der Elemente der repräsentativen Parteiendemokratie im Sinne des stärkeren Engagements für die Angelegenheiten der Gemeinschaft. Die neuen Medien bieten eine Möglichkeit, verstärkt partizipatorische Aktivelemente zu fördern und einzubeziehen.

(6) Demokratische Prinzipien haben auch für die Berufswelt zu gelten, wo Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über ihre Interessensvertretung mitbestimmen, aber auch darüber hinaus bei Entscheidungen einbezogen werden müssen. Ebenso wollen wir im privaten Leben partnerschaftliches Denken und Handeln unterstützen.

(7) Der in jeder Demokratie herrschende Grundsatz der Mehrheitsentscheidung hat seine Grenze dort, wo es um unveräußerliche Rechte von Minderheiten oder Einzelpersonen geht. Die Rechte von Minderheiten auf ihre Identität stehen als solche nicht zur Disposition einer Mehrheit. Aber auch Minderheiten dürfen nicht grundlegende Menschenrechte des Individuums verletzen.

(8) Die österreichische Identität wird nachhaltig auch durch die historisch gewachsene sprachlich-kulturelle und ethnische Vielfalt unseres Staates geprägt. Es ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten selbstverständlich, den Bestand sowie die kulturelle und sprachliche Entwicklung dieser Minderheiten zu unterstützen.

(9) Das Zusammenleben zwischen Minderheiten und Mehrheit erfordert die Förderung des Geistes der Toleranz und des Dialogs sowie Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung, des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit zwischen allen Menschen unabhängig von deren ethnischer, kultureller, sprachlicher oder religiöser Identität.

(10) Dies schließt insbesondere unsere ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ein, für deren Integration im politischen Leben, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie im Bildungs- und Sozialsystem wir eintreten.

(11) Im Sinne einer stärkeren Demokratisierung der Europäischen Union setzen wir uns für eine tiefgreifende Reform der EU und ihrer Institutionen zur Durchsetzung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger ein. Es geht darum, dem Souverän, den Bürgerinnen und Bürgern Europas, vermehrte Entscheidungsrechte zu sichern.

(12) Wir setzen uns für die weltweite Verwirklichung demokratischer Grund- und Freiheitsrechte ein und führen gemeinsam mit anderen Demokraten den Kampf gegen alle Formen von Unfreiheit, Diskriminierung, gegen Terror, Todesstrafe und Folter. Außerdem treten wir für die Wahrung der Menschenrechte einschließlich des Rechtes auf Asyl im Falle der Verfolgung aus politischen, religiösen, rassischen oder sonstigen Gründen ein.