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Eine Milchmädchenrechnung
     

Seit der Einführung der so genannten Gemeinschaftswährung, des nahezu gleichermaßen geliebten, wie gehassten Euro vergeht kein Tag, an dem man nicht von Freunden und Be-kannten darauf angesprochen wird, dass alles teurer wurde und wird und der Euro nicht so viel ausgibt, wie der „gute alte“ Schilling.

Mitunter stellt man selbst fest, dass die eben behobenen Scheine wirklich „in der Hand zerrinnen“ und auch die Münzen weg gehen, wie „die warmen Semmeln“ und so beginnt man nachzudenken, ob an den Behauptungen etwas dran sein könnte.

Bei der folgenden Suche nach Informationen stellt man dann mitunter Interessantes fest. Da gibt es Publikationen, die nach einer durchaus kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema zum Schluss kommen, dass zwar in einigen Bereichen, beispielsweise in der Gastronomie, höhere und mit der normalen Valorisierung nicht erklärbare Preissteigerungen feststellbar sind, dass aber umgekehrt Unterhaltungselektronik und Kleidung einen kontinuierlichen Preisverfall aufweisen würden. Da gibt es aber andererseits auch offizielle und halboffizielle Abhandlungen und Veröffentlichungen, die den Eindruck der rasanten Teuerung als subjektive Empfindung qualifizieren und der Behauptung, das der Euro dafür die Ursache sei, ent-schieden entgegen treten.

Natürlich kann ein Stück Metall oder Papier nicht Ursache für das aufgezeigte, mögliche Problem sein, natürlich sind neben der Valorisierung auch spartenspezifischen Aspekte und andere Faktoren für die Preisgestaltung und -entwicklung verantwortlich, natürlich schwingt in der Sache auch ein wenig Nostalgie über den verlorenen Schilling, der seinerzeit so viel Identität gestiftet hat mit und natürlich soll und darf ein sich aus der gemeinsamen Währung ergebendes Problem nicht dazu führen, dass in einer Verkürzung der Fakten die Europäische Union in Frage gestellt oder abgelehnt wird, aber …

… kann man sich mit den erhältlichen Erklärungen zufrieden geben? Können sich die Men-schen, die Menschen ohne Arbeit, die Menschen, deren geringes Einkommen gerade zum Überleben reicht und die gar nicht in die Verlegenheit kommen, die Preisvorteile im Bereich der Unterhaltungselektronik und der Kleidung in Anspruch nehmen zu können, die Menschen die als AlleinerzieherInnen für die vielfältigen und kostenintensiven Bedürfnisse ihrer Kinder zu sorgen haben, die Menschen, die als PensionistInnen nach einem zumeist langen Arbeitsleben dank eines Pensionserhaltungsbeitrages weniger Pension erhalten, mit diesen Erklärungen zufrieden geben?

Hand aufs Herz? Wer kennt den Warenkorb der der Ermittlung des so genannten Verbrau-cherpreisindex zu Grunde gelegt wird? Wer kennt seine Zusammensetzung, wer die Gewich-tung der einzelnen Produkte und Dienstleistungen? Und was ändert sich an der Situation der Betroffenen, wenn man ihnen erklärt, dass der Verbraucherpreisindex um eine bestimmte Prozentpunkteanzahl gestiegen oder gefallen sei, wenn ihre Lebenssituation diese offizielle Aussage nicht widerspiegelt?

Man neigt dazu, eine Milchmädchenrechnung anzustellen! Fakt ist, dass innerhalb der so genannten Euro-Zone feste, unveränderliche Wechselkurse zwischen der jeweils seinerzeitigen Währung und dem Euro bestehen. Deshalb entspricht der Euro seit der Festsetzung dieses Kurses ebenso 13,7603 Schilling, wie zum Zeitpunkt der Einführung am 1. Jänner 2002, wie zum Zeitpunkt, da dieser Artikel geschrieben wurde, wie zum Zeitpunkt als er von dir gelesen wurde …

Fakt ist aber auch, dass der Wert des Euro nach Außen, vor allem gegenüber dem US-Dollar Schwankungen unterliegt. Fakt ist drittens, dass viele Güter der Welt, ob es sich nun um Kaffee, Schweinehälften oder Erdöl handelt, vorzugsweise unter Zugrundelegung der US-Währung zum Kauf angeboten und ver- bzw. gekauft werden. Die Schwankungen zwischen dem Dollar und dem Euro führen folglich dazu, dass bestimmte Produkte teurer oder günstiger gekauft werden können bzw. müssen.

Unter Zugrundelegung dieser Fakten lässt sich die nachstehende Zahlenreihe errechnen, wobei ich nochmals darauf hinweisen möchte, dass es sich um eine Milchmädchenrechnung handelt!

Im Jahr 1999 war 1 Euro 1,059 US-Dollar wert. Das bedeutet folgerichtig, dass der Euro unter Berücksichtigung des Wechselkurses von S 13,7603 in Österreich S 14,569 wert gewesen wäre, wäre nicht der interne Wechselkurs der Eurozone, sondern der Wechselkurs zum Dollar ausschlaggebend gewesen. Nimmt man dann einen Europreis, z.B. € 3,00 an, dividiert diesen durch 13,7603 und multipliziert dieses Zwischenprodukt mit dem „wahren“ Schilling-wert in Höhe von 14,569, so beträgt der „wahre“ Europreis € 3,18 usw. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nicht die Inflation für die aus der Tabelle ersichtlichen „Preissteigerungen“ verantwortlich ist, sondern die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Euro und US-Dollar.

Die drei Euro habe ich, ich gebe es zu, nicht ohne Hintergedanken gewählt. Es entspricht genau dem Preis, der mir im Lokal für eine Flasche Bier (das mit dem Porzellanverschluss!), die ich mir ab und zu gönne, in Rechnung gestellt wird. Ich rechne es meinem Wirten übrigens hoch an, dass ich für die Flasche jetzt nicht € 3,69 bezahlen muss, wobei ich umgekehrt schon bemängeln muss, dass ich im Jahr 2001 keine Flasche um € 2,68 erhielt!

Jahr
1 € = US$
= ATS
Europreis
3,00
5,00
10,00
50,00
100,00
1999*
1,059
14,569
3,18
5,29
10,59
52,94
105,88
2000*
0,919
12,651
2,76
4,60
9,19
45,97
91,94
2001*
0,892
12,270
2,68
4,46
8,92
44,58
89,17
2002*
0,951
13,088
2,85
4,76
9,51
47,56
95,11
2003*
1,142
15,712
3,43
5,71
11,42
57,09
114,18
2004*
1,246
17,147
3,74
6,23
12,46
62,31
124,61
2005
1,229
16,911
3,69
6,15
12,29
61,45
122,90

* Mittelwert der Monatsultimokurse der entsprechenden Jahre

Wahrscheinlich sollte man keine Milchmädchenrechnungen anstellen!

Mit Sicherheit sollten wir uns aber nicht von veröffentlichten Indizes und sehr umfangreichen, sehr bunt dargestellten und sehr breit angelegten Untersuchungen davon abhalten lassen, auf die Menschen zu hören und ihre Empfindungen und Probleme ernst zu nehmen. Die Menschen haben zumeist eine sehr gut ausgeprägte Intuition und empfinden viele Dinge und Entwicklungen zu einem Zeitpunkt, da sie sich mit Worten (noch) nicht ausdrücken lassen.

Und letztlich muss es uns auch Aufgabe und Ziel sein, für Arbeit und Einkommen zu sorgen, die es den Menschen ermöglichen, nicht jeden Euro zweimal umdrehen zu müssen, ganz gleich, ob er jetzt einen Euro oder € 1,25 „wert“ ist.

Freundschaft!

Peter

 

 
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